Der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika dauerte Jahrzehnte. Vor genau 20 Jahren, am 27. April 1994, gab es schliesslich die ersten demokratischen Wahlen am Kap. Verschiedenste Menschenrechts- und Kirchengruppen haben dieses Ziel erkämpft. Erinnert wird aber meist nur an die Ikone Nelson Mandela.
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Stille, gewaltlose Kämpfer
Aus Verzweiflung darüber, dass so viele Menschen vergessen wurden, die ihr Leben für die Freiheit Südafrikas riskierten, hat der Friedensaktivist Rommel Roberts ein Buch geschrieben. Die Helden in seinem Werk «Wie wir für die Freiheit kämpften. Von stillen Heldinnen und Helden in Südafrika» sind die schwarze Krankenschwester Aunt Sue, die indisch-stämmige Gemeindehelferin Maureen, die weisse Politikerin Emilia, der Theologe Nico Smith, Father Francis und viele mehr.
Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie gewaltlos gegen die Gewalt des Apartheidregimes kämpften. Phantasievoll organisierten sie Massenproteste, sorgten für mediale Aufmerksamkeit ihrer Aktionen, holten sich finanzielle und politische Unterstützung von den Kirchen im In- und Ausland.
Auch die Kirche kämpft mit
Die weissen Frauen der «Black Sash» etwa trugen schwarze Schärpen, um ihre Solidarität mit der diskriminierten Bevölkerung sichtbar zu zeigen. Die Damen betrieben auch charmanten Telefonterror bei südafrikanischen Politikern, um sie mürbe zu machen und endlich die Lebensbedingungen der Schwarzen zu verbessern.
Die kirchlichen Netzwerke fingen auch Militärdienstverweigerer auf, sammelten Geld für Schulen in den Townships, ernährten Familien, deren Väter getötet oder ins Gefängnis gesperrt worden waren. Der Weltkirchenrat verurteilte schliesslich die «Apartheid als Sünde», was einen weltweiten Boykott von Früchten und Waren aus Südafrika zur Folge hatte.
Geheimbote im Auftrag des südafrikanischen Kirchenrats
Rommel Roberts selbst war als Geheimbote zwischen Kapstadt und Europa unterwegs, um etwa auch bei den Schweizer Kirchen finanzielle Unterstützung zu holen. Im Auftrag des südafrikanischen Kirchenrats, damals präsidiert von Bischof Desmond Tutu, reiste Roberts hierher, um Sponsorengelder für Bildungs- und Sozialprojekte in den Townships zu akquirieren. In Zürich verwaltete Pfarrer Paul Rutishauser bis 1994 einen geheimen Hilfsfonds für diese Projekte.
Buchhinweis
Rommel Roberts: «Wie wir für die Freiheit kämpften. Von stillen Heldinnen und Helden in Südafrika», Lokwort, 2014.
Spannend erzählt der Roberts, wie er alle Namen, Adressen und vor allem Telefonnummern auswendig im Kopf haben musste, damit die Staatspolizei keine Namen bei ihm fand. Denn das hätte gefährlich werden können. Rommel Roberts kam selbst mehrfach ins Gefängnis.
Das neue Südafrika soll lernen
Viele stille Helden leben heute in Armut oder sind unbekannt verstorben. Rommel Roberts geht es aber nicht nur um deren Nachruhm. Es geht ihm vor allem darum, dass die Lernerfahrungen dieser Menschen im neuen Südafrika nicht vergessen gehen. Denn die Probleme sind nach wir drückend: Korruption, Jugendgewalt, Gewalt an Frauen, AIDS, Armut und soziale Ungerechtigkeit.
Im Untergrund hätten die kirchlichen Gruppen, vor allem aber die Quäker gezeigt, wie Gewaltfreiheit funktioniert. Von diesem Know-how in Sachen Friedenserziehung müsse das neue Südafrika dringend profitieren. Rommel Roberts kritisiert besonders die neue Elitebildung in seinem Land: Die neue Ungleichheit bewirke Aggressionen. Dagegen könnten die Konzepte der gewaltfreien Kommunikation und Konfliktlösung helfen.
Die entscheidende Leistung der vielen Menschenrechtsgruppen damals war es, die zersplitterte Opposition zu einen. Die südafrikanische Gesellschaft ist äusserst heterogen, nicht nur ethnisch, sondern auch religiös und sprachlich. Im Kampf für die Demokratie aber formierte sich die so genannte Regenbogennation. Christen, Juden, Muslime, Buddhisten, Stammesangehörige und Kommunisten zogen an einem Strang. Das, so bedauert Rommel Roberts zutiefst, sei heute leider nicht mehr so und müsse dringend wieder belebt werden.