Erleben wir gerade eine Neuausrichtung afrikanischer
Politik? Hinweise darauf sind durchaus vorhanden: Afrika verlangt von den Ländern des Nordens substantielle Kompensationen für die massiven Auswirkungen der Klimaerwärmung, die der Kontinent erdulden muss,
ohne zu dieser Katastrophe beigetragen zu haben. Auch
die Forderungen nach einer Reform des UNO-Sicherheitsrats
und einem permanenten Sitz für Afrika werden lauter. Sind dies Anzeichen für eine Hinwendung zu den panafrikanischen Idealen der Selbstbestimmung, die in der frühen Postkolonie die Politik vieler afrikanischer Staaten prägte? Das vor Ihnen liegende Afrika-Bulletin geht diesen Fragen nach.
Editorial
Barbara Müller
Auf der Suche nach dem Weg
Politisches Handeln zwischen Gesinnung und Verantwortung
Die Positionsbezüge afrikanischer Staaten zum Ukrainekrieg haben eine Dynamik in deren strategischen Allianzen aufgezeigt. Elísio Macamo
versucht diese Dynamik zu analysieren, indem er das Spannungsverhältnis zwischen Ideologie und Pragmatismus ausleuchtet, das dabei erkennbar
wird.
Sahel-Exit in Westafrika
Drei Staaten verlassen die regionale Gemeinschaft ECOWAS
Am 28. Januar 2024 erklärten die Militärregierungen in Burkina Faso, Mali und Niger in einem gemeinsamen Communiqué ihren Austritt aus der ECOWAS – ihr Hauptvorwurf: die Vereinnahmung der ECOWAS durch «ausländische Mächte». Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen, schreiben Claus-Dieter König und Franza Drechsel von der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Die Militärregime in Mali, Burkina Faso und Niger
Zwischen Ideologie und politischem Pragmatismus
Lamine Samané umreisst den Charakter der Allianz der Sahelstaaten (AES), die Mali, Burkina Faso und Niger als Gegenmacht zur Westafrikanischen Wirtschaftsunion ECOWAS, welcher sie zuvor angehörten, gebildet haben. Der proklamierte Souveränismus, der den Bruch mit den früheren Bündnissen und die Abwendung von Frankreich begründet, dient der Mobilisierung des Volkes, das sich durch diese erneut kolonisiert sah. Samanés Frage bleibt, ob dieser Souveränismus noch dieselben Ziele hat, wie die Ideologie der Unabhängigkeitsbewegungen.
Anfälle von ideologischer Klarheit oder Pragmatismus?
Zur Klage Südafrikas gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof
Elísio Macamo analysiert und kritisiert die Widersprüchlichkeit der südafrikanischen Politik, die er auf ein Seilziehen zwischen Ideologie und Pragmatismus innerhalb des regierenden ANC zurückführt. Der Niedergang der südafrikanischen Wirtschaft und Politik sowie die bevorstehenden Wahlen in diesem wichtigen Land stimmen nachdenklich. Soll der Positionsbezug zu Israel von internen Problemen ablenken?
Afrika in Kürze
Kurzmeldungen zu den Themen Schuldenkrise, Ernährungssicherheit, Mobilität und Austausch, Energiesicherheit und Klimawandel
Zusammengestellt von Susy Greuter
Durchkommen mit Wahlbetrug
Zimbabwes Politik des Aussitzens und der Repression
In seinem Kommentar zur zimbabwischen Wahlfarce vom August 2023 beschreibt Melusi Nkomo die Taktik autoritärer Regierungschefs, durch Wahlen ihren Machterhalt zu sichern und Kritik an deren Durchführung auszusitzen. Dem zimbabwischen Präsidenten, Emmerson Mnangagwa, ist es so gelungen, sich nicht nur wenn auch zweifelhafte Legitimität zu sichern, sondern auch die Opposition nachhaltig zu schwächen.
Literatur und Musik
Besprechung von Neuerscheinungen
Mit Beiträgen von Pius Frey, Elisa Fuchs und Caro van Leeuwen
Mitteilung an unsere Leserinnen und Leser
2024 erscheint das Afrika-Bulletin im 49. Jahrgang. Gemäss Beschluss der Herausgeber:innen wird es der letzte Jahrgang sein. Per Ende Jahr wird das Erscheinen des Bulletins eingestellt.